Kleine Geschichte der Nebelmaschine

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Naturschauspiel: Nebel am Berg (Foto: Felix Meyer / Flickr)

Der Nebel hat die Menschen schon immer fasziniert: Im Morgengrauen zieht eine weiße Wand auf. Die Aussicht, die eben noch vorhanden war, ist plötzlich verschwunden. Für die Menschen in der Urzeit ein Mysterium der Naturkräfte. Und so wohnte dem Nebel schon damals etwas Bedrohliches inne: Wenn ich keine Sicht habe, dann sehe ich meine Feinde nicht. Ich bin schutzlos ausgeliefert, bin eines meiner zentralen Sinne beraubt. Der Nebel war zu dieser Zeit – vom Rauch am Lagerfeuer mal abgesehen – ausschließlich ein Naturphänomen. Von urzeitlichen Nebelapparaten wissen wir nichts.

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Mystischer Ort: Die Tempel in Delphi (Foto: Xerones / Flickr)

Nebel in der Antike

Doch schon in der griechischen Antike ist über das Orakel von Delphi zu lesen, dass die Priester für ihre Prophezeiungen mit Dämpfen arbeiteten. Historiker vermuten, dass die Hüter des Orakels sich an Pflanzenextrakten berauschten und sich in einen „highen“ Zustand versetzten. Doch auch der Showeffekt ist natürlich nicht zu verachten: Der Nebel steht wie kein anderes Phänomen für das Mysterium – und ein Wahrsager, der von einem solchen Schleier umgeben ist, wirkt gleich noch ein Stück mystischer und authentischer. Die Verbindung mit den Urkräften manifestiert sich durch den Nebel.

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Das berühmte Globe Theatre hat kein Dach – praktisch für Raucheffekte (Foto: David Welch / Flickr)

Das Globe Theatre als Vorreiter bei Raucheffekten

Auf Theaterbühnen setzte man schon bald gerne „Nebel“ als Special-Effect ein. Das Globe Theatre in London, bekannt durch die Aufführungen von William Shakespeare, soll schon in den Jahren 1598 bis 1613 des öfteren Raucheffekte bei Aufführungen eingesetzt haben. Für die Herstellung des Rauchs verbrannte man einfach Öle oder Paraffin-Wachs. Dies hatte gleich mehrere Risiken: Öl verbrennt nicht sehr sauber und sorgt für eine rußige Luft und Hustenreiz bei den Schauspielern. Auf längere Sicht ist das gesundheitsgefährdend – aber darauf war man damals noch nicht so bedacht. Auch auf den Kulissen setzen sich die Rückstände ab, zudem besteht akute Feuergefahr durch das leicht entzündliche Öl.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein sorgte der Einsatz von Nebel in Shows für wahre Begeisterungsstürme beim Publikum: Als die amerikanische Jazz-Sängerin Adelaide Hall am 23. März 1934 im Harlem’s Cotton Club in New York den Song „Ill Wind“ anstimmte und durch Nitrogen erzeugter Rauch den Boden der Bühne bedeckte, war die Sensation perfekt. So einen Effekt hatten die Zuschauer noch nie gesehen!

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Trockeneis im Glas (Foto: Clive Rogers / Flickr)

Eiskalte Zeiten: Nebeln mit Trockeneis

Bodennaher Nebel lässt sich auch mit Trockeneis erzeugen. Dabei handelt es sich um Kohlendixoid, welches unter 78,4 Grad Celsius fest und damit als Block transportabel wird. Stellt man nun eine Box mit Trockeneis auf und öffnet sie, dann strömt das CO2 als eiskaltes Gas heraus. In der Umgebungsluft kondensiert dieses und bildet einen feinen Nebel. In Verbindung mit heißem Wasser entsteht zudem Wasserdampf, der den Nebeleffekt verstärkt. Der große Vorteil von Trockeneis: Der Kunstnebel bleibt am Boden, da Kohlendioxid schwerer als Luft ist.

Warum ist Trockeneis heute so selten? Ein Grund liegt in der Entwicklung der Kühltechnik. Früher wurden Lebensmittel in LKWs mit Trockeneis gekühlt, heute gibt es dafür leistungsstarke Aggregate. Mit dem Verschwinden des Trockeneises aus den Trucks sank die produzierte Menge, der Preis stieg an. Trockeneis ist heute sehr teuer und schwer erhältlich. Eine Zwischenstation über Stickstoff, der günstiger ist, konnte das Ende dieser Ära der Nebelmaschinen nicht mehr aufhalten. Nicht zuletzt weil Anfang der 1970er Jahre eine völlig neuartige Maschine auf den Markt kam.

Die Nebelmaschine ist eine deutsche Erfindung

Was viele nicht wissen: Die Nebelmaschine ist eine deutsche Erfindung. Und sie ist relativ jung: Der Hamburger Günther Schaidt entwickelte 1973 ein Gerät, das destilliertes Wasser und Polyol in gesundheitlich unbedenklichen Nebel verwandelte. Eine Pumpe drückt das so genannte Fluid in einen Verdampfer, wo es mit einer Spirale auf rund 320 Grad Celsius erhitzt wird. Der gasförmige Nebel wird dann durch eine Düse in den Raum gepustet. Durch die kältere Umgebungsluft kondensiert das Gemisch, die feinen Tropfen werden als Kunstnebel sichtbar.

Die Erfindung war für Schaidt ein großer Erfolg: Bald sorgten die neuartigen Nebler nicht nur in Horrorfilmen für die passende Gruselstimmung. Alle möglichen Regisseure setzten auf die Effekte, um Szenen und Locations noch besser wirken zu lassen. 1985 wurde Schaidt für seine Erfindung in Hollywood sogar mit einem technischen Oscar ausgezeichnet.

Strahleneffekt im Shownebel
Der Kunstnebel macht Lichteffekte erst sichtbar

Die moderne Welt der Nebeleffekte

Durch die massenhafte Fertigung der Geräte, vor allem in Asien, sind die Nebler seitdem immer erschwinglicher geworden. War die Anschaffung einer Nebelmaschine seinerzeit noch eine große Investition, die sich nicht jeder Club leisten konnte und wollte, gehören die Nebler mittlerweile zum festen Bestandteil der Eventkultur. Auch bei Veranstaltungen, Aufführungen, DJ-Sessions und generell Shows aller Art ist die Nebelmaschine nicht mehr wegzudenken. Kleinere Geräte erleichtern den Einstieg für Heimnebler, große Maschinen mit vielen tausend Watt Leistung markieren das High-End für Profis.

Dass die Nebelmaschine aber heute immer noch so erfolgreich ist, dafür ist eine ganz einfache Sache verantwortlich: Die Faszination des Menschen für den Nebel. Daran hat sich seit Tausenden von Jahren nichts geändert. Nur dass das „Mysterium der Urkräfte“ immer öfter aus einem viereckigen Kasten kommt und per Knopfdruck steuerbar geworden ist.